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Die Narzissmusfalle

Anleitung zur Menschen- und Selbstkenntnis

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Die Narzissmusfalle
Reinhard Haller
Verlag
Ecowin
ISBN-Nummer
978-3-711-00037-8

Dieses Buch beschäftigt sich mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung, die bei ADHS gehäuft auftritt. Das Erkennen von narzisstischen Verhaltensweisen ist für Angehörige und Partner sehr hilfreich, weil sie sich Beziehungskonflikte, Kränkungen und Erschöpfung in einer Beziehung mit einem Narzissten besser erklären können.

Der Narzisst braucht Bewunderung und Unterwerfung. Er möchte immer Recht haben und seine Großartigkeit bestätigt wissen. Bleibt diese aus, reagiert er darauf mit Kränkung, Unverzeihlichkeit und es können sich exzessive Rachegefühle einstellen. Wenn er infrage gestellt wird, verbreitet er ständige Schuldgefühle und er verfügt über enorme manipulative Kräfte. Mit großer Sensibilität nutzt er die Schwächen seiner Mitmenschen aus und vermittelt anderen das Gefühl der Unzulänglichkeit, der Schuld, des schlechten Gewissens. Sein Ziel ist der Sieg, Triumph und Unterwerfung seiner Mitmenschen um seine eigene Großartigkeit noch zu erhöhen. Er ist in einem ständigen Kampf nach Macht, Ansehen und Unterwerfung, wobei der Unterworfene verachtet und gedemütigt wird. Unterwirft er sich immer noch nicht, dann folgen weitere Attacken und seine Kritiker werden mit unerbittlichem Hass verfolgt.

Der Narzisst hat eine hohe Anspruchshaltung und gleichzeitig eine niedrige Frustrationstoleranz.  

Die narzisstische Persönlichkeitsstörung zeichnet sich durch die 4 E"s aus Egozentrik, Empfindlichkeit, Empathiemangel, Entwertung

Egozentrik:

So sieht der Narzisst nur sich, denn er hat immer Recht ohne jeden Selbstzweifel.

Dabei fühlt er sich immer zu kurz gekommen, kennt kein Mitleid für andere, aber tiefes Selbstmitleid. Er ist gierig, maßlos, neidisch, hat nie genug, wobei die Gier mit dem Zuwachs von Ruhm und Reichtum zunimmt. Letztlich bleibt der Narzisst unersättlich, grenzenlos, denn Gier ist ein Teil der Persönlichkeit und er  fordert immer mehr als er zu geben bereit ist.

Narzissten sehen andere Menschen als Erfüllungsgehilfen ihrer eigenen Bedürfnisse. Sie sind Vampire, die andere ausnutzen.

Empfindlichkeit:

Beim Narzissmus kommt es durch die ständigen Grandiositätsgefühle zu einer Ich-Inflation. Er braucht immer mehr und dreht sich nur um sich selbst.

Die Verletzbarkeit und Kränkbarkeit sowie die Abhängigkeit von Bewunderung führen zu einer ausgeprägten Ich-Schwäche, weil sie nichts wegstecken, nichts aushalten und ertragen können, ohne maßlos ärgerlich oder gekränkt zu sein. Letztlich  haben sie ein unreifes Ich, infantil und nur vordergründig stark, weil der Zweifel an ihrer Großartigkeit für sie nicht zu ertragen ist und sie überhaupt nicht kritikfähig sind. So sind sie labil, anfällig, launisch und herrisch. Schon eine vermeintliche Kritik ist für sie unerträglich und unverzeihlich. Sie können nicht aus Fehlern lernen, weil sie angeblich keine machen. Sie vergessen aber nie die Verfehlungen ihrer Mitmenschen und nutzen diese immer wieder für ihren eigenen Vorteil, um Schuldgefühle zu erzeugen. Sie vergessen und vergeben nicht und da sie keine Fehler machen, müssen sie sich auch nie entschuldigen.

Empathiestörung:

Narzissten  haben keine echten Gefühle wie Traurigkeit, Sehnsucht, Bedauern, sondern stattdessen Wut, Empörung, Rache, wenn sie etwas nicht bekommen, was ihnen wichtig ist.

Im Grunde haben sie auch keine echte Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen, sondern den Ärger, dass dieser ihnen nicht mehr zur Verfügung steht. Sie sind chronisch unzufrieden, mit einem deutlichen Defizit an positiver Emotionen, da sie sich immer zu kurz gekommen fühlen und der Neid sie zerfressen kann. Dabei sind sie immer auf der zwanghaften Suche nach Macht und Reichtum, pflegen den Traum von Erfolg, Schönheit und Einzigartigkeit. Sie können anderen nichts gönnen und sich mit ihnen freuen, da sie den Erfolg anderer sofort als Gefahr und Angriff auf ihre Großartigkeit sehen.

Sie zeigen ein parasitäres Verhalten und eine rachsüchtige, rücksichtslose Ausbeutung ihrer Mitmenschen. Dabei sind sie Meister im Blenden, Lügen und Betrügen und sie holen sich mit Selbstverständlichkeit und Rücksichtslosigkeit all das, was ihnen ihrer Meinung nach zusteht.

Sie können sich dabei aber verständnisvoll und loyal präsentieren mit dem Ziel andere zu täuschen (Charme der Narzissten).

Entwertung:

Narzissten haben ein hohes Aggressionspotential und bei Stress nimmt ihre Aggressivität erheblich zu. Sie setzen ihre Aggression zur Machtausübung ein und machen anderen damit Angst. Narzissten machen sich ihre eigenen Regeln und sie sind gewissenlose Menschen, die glauben, dass die Welt nur für sie da ist. Sie setzen ihren Charme, ihre Intelligenz und ihr Aussehen ein um ihre Ziele bedingungslos zu erreichen und ihre Macht auszubauen. Im Laufe einer Beziehung zeigt sich immer mehr ihre narzisstische Wut. Sie können diese eventuell auch über lange Zeit verstecken und nach außen eine unauffällige Fassade demonstrieren, um plötzlich eine erschreckende und  grauenhafte Innenwelt zu zeigen. Dies wird am deutlichsten bei Amokläufern, die fast alle Narzissten sind.

Ihr Aussehen ist ihnen von zentraler Bedeutung. Sie können auch Hypochonder werden, weil sie nichts wegstecken können und jede körperliche Einschränkung für sie Majestätsbeleidigung ist. Jede Krankheit ist ein Angriff auf die Integrität ihrer Person.

Sie neigen dazu zu kritisieren, anzugreifen, den Kontakt zu verweigern, abzuwerten, oder andere lächerlich zu machen. Schweigen ist ihr Ausdruck der Macht und Arroganz. Diese Techniken sind ihnen angeboren. Sie neigen zu Mobbing, Stalking und Querulantentum und können einen permanenten Psychoterror ausüben, der in ihren Opfern Selbstzweifel, Hilflosigkeit und Ohnmacht auslöst. Sie verschaffen sich so eine sadistische Genugtuung. Nicht Recht bekommen oder kritisiert zu werden, ist für sie ein Angriff auf den Kern ihres Ichs.

Narzissten stürzen über ihren Hochmut, denn keiner hält auf Dauer ihre Aura aus.

Zunächst erzeugen sie Faszination, dann Ernüchterung und dann Distanzierung.  Sie sind lange Zeit durch ihre Überheblichkeit vor Suizid geschützt, in der narzisstischen Krise, wenn ihre Überheblichkeit und Großartigkeit zusammenbricht, können sie suizidgefährdet sein. Der Partner wird als die Erweiterung des Selbst erlebt. Der Partner (Komplementärnarzisst) befriedigt sich zunächst an der Großartigkeit seines Partners, um dann den hohen Preis von Entwertung und Demontage zu zahlen. Der Narzisst braucht ständig Lob, wobei er den verachtet, der es ihm gibt. Er kann aber selbst nicht loben, weil er damit in seiner Großartigkeit eingeschränkt wäre.

Narzissten sind durchaus erfolgreiche Menschen, die im Rampenlicht stehen. Viele von ihnen sind Manager, Börsenmakler, Politiker etc. Ein Teil von ihnen wird auch kriminell, weil sie gewissenlos und skrupellos sind und keine Schuldgefühle kennen.

Interessant dabei ist, dass Börsenprofis ein ähnliches Persönlichkeitsprofil haben wie Schwerverbrecher.

In unserer heutigen Zeit sind Narzissten oft erfolgreich. Die Persönlichkeitsstörung zeigt eine deutliche Zunahme. Jeder 4. Student weist erhöhte Narzissmuswerte auf.

Und Cool sein ist in! Macht macht narzisstisch und Eltern, die ihre Kinder nur loben, erzeugen in ihnen ein falsches Selbstwertgefühl und eine Unantastbarkeit. Interessant ist weiterhin, dass doppelt so viel Männer wie Frauen davon betroffen sind.

Ich fand dieses Buch sehr hilfreich. Es sollte eigentlich eine Lektüre für jeden sein, denn es ist ein großer Vorteil, Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsstörungen erkennen zu können. Nicht um sie zu verändern, sondern um sich einen gesunden Abstand zu schaffen, um nicht in den Dunstkreis und Sog eines Narzissten zu gelangen. Das erspart viel Leid denen, die sonst Zielscheibe der narzisstischen Ausbeutung werden können

Dr. Astrid Neuy-Bartmann
neue AKZENTE Nr. 98/2014